International Coastal Cleanup Day 2021
Am Samstag den 18.9.2021 waren wir, das Freiwilligenteam der Naturschutzgemeinschaft Sylt, zusammen mit vielen engagierten Helfer*innen am Weststrand des Lister Ellenbogens Plastikmüll sammeln.
Plastikmüll im Meer
Man hört es immer wieder, jeder kennt das Problem: Plastikmüll im Meer. Mittlerweile ist Plastik überall in den Meeren zu finden, sei es in den Korallenriffen des pazifischen Ozeans, auf entlegenen Vogelinseln oder gar am tiefsten Punkt der Ozeane im Mariannengraben. In jedem großen Ozeanbecken der Erde finden sich Ansammlungen von Plastikmüll. Wenn die zirkulierenden Meeresströmungen den Müll im Zentrum der Ozeanbecken sammeln, entstehen Inseln aus Plastik, die teils eine Fläche von der Ausdehnung Mitteleuropas erreichen können.
Plastikmüll hat eine Lebensdauer von 400-600 Jahren. Dabei wird das Material im Laufe seines Lebens immer weiter zerkleinert. Dies geschieht bei Meeresplastik an der Wasseroberfläche durch Wellengang, Salz und UV-Strahlung. So entsteht Mikroplastik. Die kleinen Plastikpartikel werden von Tieren mit Plankton verwechselt und gelangen an den Beginn der Nahrungskette. Mit der Zeit reichern sich so immer größere Mengen an Plastik in den Meereslebewesen an, sodass das Plastik irgendwann auch auf unseren Tellern landet, sollten wir ein auf Sylt so typisches Fischbrötchen bei Gosch bestellen.
Doch auch an den Stränden direkt vor unserer Haustür finden wir Plastikmüll. Das meiste Plastik, das wir bei unserer Sammelaktion gefunden haben stammte von Fischernetzen. Entweder einzelne Seile, ganze Netzstücke und auch einige Dolly Ropes. Bei Letzteren handelt es sich um eine kalkulierte Meeresverschmutzung durch Plastik. Dolly Ropes sind Bündel aus Plastikfäden, die als Scheuerschutz bei Grundschleppnetzen eingesetzt werden. Damit die Netze an Steinen und Muscheln auf dem Grund nicht aufreißen, werden die Plastikfäden wie ein Teppich unten am Netz befestigt. Sie sind ein Verschleißmaterial und werden in großer Menge in die Meeresumwelt eingetragen. Da sie leicht abreißen und oft erneuert werden müssen, gelangt auf diesem Weg jährlich tonnenweise Plastik in die Ozeane – und das obwohl internationale Gesetze die Entsorgung von Plastikmüll in die Meere verbieten.
Die Plastikfäden werden dann von Meeresbewohnern mit Nahrung verwechselt und von Seevögeln als Nistmaterial verwendet. Dies ist in der Nordsee vor allem auf Helgoland zu beobachten, wo sich junge Basstölpel in den Fischerseilen der Nester verstricken.
Geisternetze sind vor allem ein Problem für Meeressäuger. Dabei handelt es sich um verlorene Netze der Fischereiindustrie. Es gibt zwar ein Gebot den Verlust zu melden, dies wird jedoch nicht streng kontrolliert und es besteht auch keine Pflicht zu Bergung. So können die Geisternetze in der Nordsee zur Gefahr für Kegelrobben, Seehunde und Schweinswale werden, die sich in den Netzen verfangen und ersticken können. Jährlich kostet Plastikverschmutzung 135.000 Meeressäuger und eine Million Vögel weltweit das Leben.
Es lässt sich also festhalten: Wir haben ein großes Problem mit Plastikmüll. Es bedroht nicht nur die Lebewesen der Meere, sondern auch ganze Ökosysteme. Wir brauchen die Ozeane zum Überleben und wie unsere Welt aussähe, wenn es kein Leben in den Ozeanen mehr gäbe, können und wollen wir uns nicht vorstellen. Wir müssen also handeln!
Das globale Problem
Großen Mengen des marinen Plastiks stammen aus der Fischereiindustrie. Alte Fischernetze und Angelschnüre werden teils unkontrolliert ins Meer entsorgt. Hier muss es in Zukunft ein Umdenken geben. Ein Umstieg auf andere Formen der Fischerei und abbaubare Netzmaterialien ist unumgänglich. Ein wichtiger Lösungsansatz ist auch ein allgemeiner Rückgang der Fischerei – nicht zuletzt auch im Hinblick auf andere Umweltthemen wie die Überfischung der Weltmeere und das Problem der steigenden Zahl von Meeresschildkröten, Haien und Walen als Beifang. Hier kann auch jede*r Einzelne von uns mithelfen ein Zeichen zu setzen durch bewussten und vor allem geringeren Konsum von Fisch und Meeresfrüchten.
Auch die Menge des an Land weggeworfenen Plastiks steigt. Natürlich kann jede*r einzelne darauf achten, weniger in Plastik verpackte Lebensmittel zu kaufen, generell beim Kauf von neuen Dingen vielleicht Alternativen aus erneuerbaren Materialien zu wählen oder auch auf korrektes Recycling zu achten. Etwa 13 Millionen Tonnen Plastik gelangen trotz dieser Bemühungen jedes Jahr in die Meere, da bei Produktion und Transport von Produkten oft auch Plastik verwendet wird und auch nur ein geringer Teil unseres Plastikmülls in Deutschland recycelt wird. Eine große Menge wird auf Deponien in Südostasien oder Afrika verlagert, wo er über Flüsse und Wind schließlich ins Meer gelangt.
Es ist also wichtig, die Lösung des Plastikproblems nicht ausschließlich in der Änderung des individuellen Konsumverhaltens zu suchen, sondern global zusammenzuarbeiten um einen politischen Rahmen zu schaffen und ein Umdenken in der Realwirtschaft zu erreichen, um in Zukunft die Menge an eingetragenem Plastik in die Meere auf ein Minimum zu reduzieren.
Der lokale Ansatz
Aber was tun, gegen Plastik, das jetzt bereits im Meer ist? Eine Handlungsmöglichkeit ist das Sammeln von Plastikmüll. Gesagt getan, ganz nach dem Ansatz „think global, act local“ waren wir am Lister Ellenbogen Plastikmüll sammeln. Die Aktion war Teil des International Coastal Clean-Up Day. Einem Tag an dem weltweit Plastikmüll gesammelt wurde. Wir waren mit 20 Erwachsenen und 10 Kindern für über drei Stunden unterwegs. Zusammen mit den anderen Naturschutzverbänden der Insel haben wir so die gesamte Westküste der Insel abgesucht. Dabei konnten wir einiges an Müll sammeln, darunter neben Fischernetzresten auch alte Plastikverpackungen, Bierdosen, Handschuhe und Plastiktüten. Teils waren die einzelnen feinen Plastikfäden der Fischernetze eng mit Tang und Blättermoostierchen im Spülsaum verwoben, was es mühselig machte, sie zu trennen. So ist es gut vorstellbar, wie einfach sich das Plastik für Meeresbewohner mit Nahrung oder Nistmaterial verwechseln lässt.
Auch wenn wir mit der Aktion nicht die Ursache des Problems bekämpfen, so haben wir doch einen kleinen Teil dazu beitragen die lokale Tierwelt zu schützen und vor allem der Öffentlichkeit das Problem der Plastikverschmutzung erneut deutlich vor Augen zu führen. Dennoch wird angesichts der geringen Müllmenge, die wir gefunden haben klar, dass es systemische Veränderungen braucht um gegen das Problem der Plastikverschmutzung der Meere anzugehen, da ein Großteil des Plastikmülls auf offener See und in der Wassersäule treibt.
Text: Charlie Esser
Bilder: NSG
Quellen: www.nabu.de; www.wwf.de; www.greenpeace.de; www.stiftung-meeresschutz.org