„Diese gelbe Blume da ist gefährlich“
Sylt blüht und zwar in allen erdenklichen Farben. Sei es nun die Besenheide (Calluna vulgaris), die die Häflte der Heidelandschaft in Braderup ausmacht, in wunderschönen rosa bis violetten Farbtönen, die Gewöhnliche Wiesen-Schafgarbe (Achillea millefolium) in strahlendem weiß oder viele andere Blüten in zahlreichen Gelbtönen.
Einigen gelben Blüten wird ihre Farbe jedoch leider zum Verhängnis. Denn auch auf Sylt gibt es eine Pflanze, die sehr unbeliebt bei jedem Landwirt und Pferdehalter ist. Sie heißt Jakobs-Kreuzkraut (Senecio jacobaea) und enthält Pyrrolizidinalkaloide. Diese wiederum sind leberschädigend und damit giftig. Besonders die Blüten enthalten einen hohen Gehalt der Alkaloide als Fraßschutz. Allerdings fressen weder Vieh noch Pferde diese Pflanze solange sie blüht. Die Problematik liegt darin, dass die Giftstoffe auch im getrockneten Zustand nicht an Wirksamkeit verlieren. In Form von Heu und Silage nehmen die Weidetiere das Gift auf und reichern es im Körper an. Außerdem können Pyrrolizidine über Honig auch vom Menschen aufgenommen werden. Allerdings ist deutscher Honig nur geringfügig belastet, im Gegensatz zu Honig aus Übersee.
Ein großer Unterschied ist, dass sich das Jakobs-Kreuzkraut auf Sylt noch nicht so stark wie auf dem Festland ausgebreitet hat wo es dominant geworden ist. Letztlich ist die Eintönigkeit unserer Landschaft ein wichtiger Grund für die hohe Aktzeptanz als Futterpflanze für Insekten wie Bienen oder in Form von Heu für Vieh und Pferd. Wäre unsere Landschaft vielfältiger, dann würde das Jakobs-Kreuzkraut nicht so stark angeflogen werden wenn wie dieses Jahr die Rapsblüte, bedingt durch den milden Winter, früher endet und würde nicht einen hohen Anteil des Heus ausmachen.
Die Problematik, die wir Naturschützer in erster Linie sehen, ist die Verwechslungsgefahr mit anderen gelblich blühenden Pflanzen, die dann ebenso wie das Jakobs-Kreuzkraut großflächig entfernt werden. Besonders der Rainfarn (Tanacetum vulgare) und ab und zu auch das Echte Johanniskraut (Hypericum perforatum) werden fälschlicher Weise als „gefährlich“ bezeichnet. Jedoch sehen alle drei Pflanzen sich nur auf den ersten Blick ähnlich und haben deutliche Unterscheidungsmerkmale. Der Rainfarn beispielsweie bildet keine Zungenblüten, damit ist seine Blüte kreisrund und sieht gänzlich anders aus. Ebenso das Echte Johanniskraut, welches seinen wissenschaftlichen Namen nicht zufällig hat. Reißt man ihm ein Blatt aus und hält es gegen das Licht kann man zahlreiche Löcher entdecken. Die Blätter dieser alten Färberpflanze sind also perforiert.
Abschließend lässt sich sagen, dass das Jakobs-Kreuzkraut eine Pflanze ist, die schon immer hier in Mitteleuropa heimisch war. Es ist damit also kein Neophyt und die Pflanze gehört zu unserer Flora. Da sie zu unserer Flora gehört, hat sich auch unsere Fauna an sie angepasst z.B. in Form von Schmetterlingen. Ihre Besonderheit liegt lediglich in ihrer hohen Anpassungsfähigkeit, ihren geringen Ansprüchen und ihrer Giftigkeit. Sie komplett aus unserer Umwelt zu entfernen kann nicht in unserem Interesse sein. Viel mehr müssen wir dafür sorgen, dass wir mit ihr wie schon seit so vielen Jahren vernünftig auskommen und somit ein Stück unserer Vielfalt bewahren. Das bedeutet ein miteinander für Jakobs-Kreuzkraut, Vieh, Pferd und Mensch.
André Querbach