Flippers Verwandte vor Sylt
Durch die ruhige See konnten Badegäste am Strand oder beim Schwimmen Schweinswale von ganz nah sehen – im Schutzgebiet vor Sylt haben sie ihre Kinderstube.
Sylt. Unter Walen stellt man sich gewöhnlich große und imposante Exemplare vor, aber es gibt sie auch in klein und das quasi vor unserer Haustür. Der Gewöhnliche Schweinswal kommt sowohl in der Nord- wie auch in der Ostsee vor. Andere Namen sind Braunfisch, Kleiner Tümmler oder Meerschwein. Woher der seltsame Name „Schweinswal“ kommt, weiß man nicht so genau. Möglicherweise fühlten sich die Namensgeber wegen der Größe und der rundlichen, gedrungenen Körperform an Schweine erinnert. Zudem wurden sie in früherer Zeit auch gegessen.
Wie der Delfin und der Schwertwal, gehört der Schweinswal zur Unterordnung der Zahnwale. Im Gegensatz zu den Delfinen, die gelegentlich ebenfalls in der Nordsee vorkommen, bevorzugen die Schweinswale flachere Küstengewässer, wo sie Fische, Tintenfische und Schalentiere jagen und auch ihre Jungen im Frühsommer gebären. Im Herbst ziehen sie in küstenfernere Gebiete, aber vor Sylt, im Walschutzgebiet des Nationalparks, kommen sie ganzjährig vor. Das Meer vor Sylt ist das Gebiet mit dem höchsten Schweinswalvorkommen in deutschen Gewässern. Auch in der Elbe wurden sie schon gesichtet.
Tauchgänge bis 100 Meter tief
Für das Leben in Küstennähe kommt ihnen ihr kleiner Körperbau zugute. Mit maximal 1,85 Metern und durchschnittlich 50 bis 60 Kilo Körpergewicht ist der Gewöhnliche Schweinswal recht klein. Die eher flache Rückenfinne und der runde Kopf mit einer stumpfen Schnauze lassen ihn gedrungen und kompakt erscheinen. Überhaupt sind Schweinswale – anders als Delfine – eher unscheinbar. Sie leben einzeln oder in kleinen Familienverbänden – und sie machen keine spektakulären Sprünge.
Zum Luftholen tauchen sie nur eben mit dem Kopf aus dem Wasser, und beim erneuten Abtauchen erscheint nur kurz die Rückenflosse (Finne). Erstaunlich ist, dass diese doch an das Leben im Meer angepassten Säuger nur kurze Tauchgänge unternehmen. Bei den rund sechsminütigen Tauchgängen können sie allerdings 90 bis 100 Meter Wassertiefe erreichen. Die Schwanzflosse (Fluke) ist mit rund 60 Zentimetern recht ausgeprägt und erlaubt den Schweinswalen maximale Schwimmgeschwindigkeiten von mehr als 20 km/h (zum Vergleich: Delfine erreichen 30 km/h). Meist schwimmen sie dicht unter der Wasseroberfläche mit rund sieben km/h. Die Kommunikation erfolgt über Klicklaute, und wie alle Zahnwale verfügen sie über ein Echoortungssystem, mit dem sie sich orientieren und auch ihre Beutetiere jagen. Einige der Laute liegen außerhalb des Hörbereichs der Schwertwale, was insofern bedeutsam ist, da Schweinswale zu deren potenziellen Beutetieren gehören. Auch mit den etwas größeren Delfinen haben sie es nicht leicht. Delfine neigen zu „ruppigem“ Verhalten und es wurde schon beobachtet, wie sie Schweinswalen schwere Verletzungen zugefügt haben. Und dennoch sind dieses ganz natürliche Vorgänge und Verhaltensweisen. Viel schwerer wiegen die Probleme, die wir Menschen ihnen bereiten.
Netze werden zur Gefahr
Die Schweinswale der Nord- und Ostsee sind getrennte Populationen, die wohl eher selten Kontakt zueinander haben. Während der Bestand in der zentralen Ostsee bereits vom Aussterben bedroht ist, steht es um die Populationen der westlichen Ostsee sowie der Nordsee noch besser. Dabei liegt die Betonung auf „noch“, denn die Tiere haben mit vielfältigen Bedrohungen zu kämpfen. Da sie als Säugetiere Lungenatmer sind, ertrinken sie vielfach in den Netzen der Fischer. Aber auch Schadstoffbelastungen, Störungen und Gefährdung durch Schiffsverkehr und Offshore-Windkraftanlagen machen ihnen das Leben schwer. Schutzgebiete sind also dringend notwendig.
Wer sie aus nächster Nähe beobachten möchte, sollte sich beeilen, denn im Sommer lassen sich die Tiere gut vor der Sylter Küste beobachten. Bei ruhigem Wetter halten sie sich gern mit ihren Jungtieren in Strandnähe auf und lassen auch Schwimmer in ihre Nähe – sofern diese sich entsprechend ruhig verhalten und auch Abstand halten.
Sylter Rundschau 27.07.13