Tiere verlieren ihren Lebensraum
Umweltminister Habeck stellt Artenschutzbericht vor / Bienen und Bussarde sind Sorgenkinder – bei Weißstörchen und Seehunden geht es bergauf
Es gibt weniger Kaninchen, Mäusebussarde und Rebhühner. Und um die Wildbienen ist es auch nicht gut bestellt: Von 296 in Schleswig–Holstein beheimateten Arten sind 70 bereits ausgestorben. Es war keine erfreuliche Bilanz , die Umweltminister Robert Habeck gestern in Kiel bei der Vorstellung des Artenschutzberichtes 2014 zog. „Man sieht oft nicht, was man verliert: Die Gesellschaft hat sich an den schleichenden Verlust von Arten gewöhnt“ , warnte der Grüne. Schuld seien die intensive Landwirtschaft sowie der Bau von Straßen und Gewerbegebieten. Aber auch bestimmte Fehlanreize im Rahmen der Energiewende hätten den Lebensraum von Flora und Fauna beeinträchtigt. Eine Monokultur mit fast 200 000 Hektar Mais für die Fütterung von Vieh und hungrigen Biogasanlagen bleibe nicht ohne Folgen für die Natur, räumte Habeck ein und sprach von einem „Kompendium des Niedergangs“ und „krassen Eingriffen in die Landschaft, die das Aussehen Schleswig–Hosteins massiv verändern“. Zum Glück sei der Zuwachs an Maisanbaufläche jetzt zu Stillstand gekommen. Trotzdem: „Die Grundparameter stimmen nicht mehr “ so der Minister. Um so wertvoller sind in seinen Augen die „kleinen, hart errungen Erfolge im Artenschutz“. Es gehe darum „Oasen zu schaffen, in denen Tiere und Pflanzen Raum haben.“ Dafür habe er unter anderem Teile der Landesforsten (2000 Hektar) aus der Bewirtschaftung genommen und zu Naturwäldern erklärt. Zudem will Habeck mehr Blühwiesen schaffen, um das Aussteben von Bienenarten zu bremsen. Der 30-prozentige Rückgang des Mausebussards seit dem Jahr 2 000 im Bereich Schleswig–Flensburg werde untersucht. Habeck hat jedoch auch Erfreuliches zu berichten. Die Hausratte – die in Schleswig–Holstein schon als ausgestorben galt – ist wieder da, und die Zahl der Weißstörche nimmt wieder zu. Das sei ein Verdienst der Naturschutzarbeit. Auch der Bestand der Lachseeschwalbe in Dithmarschen erholt sich.
Besonders lobend hob Habeck die Arbeit der Seehundjäger an der Westküste hervor. Diese machten nicht nur aktuell bei der grassierenden Seehundinfluenza (bislang 1700 tote Tiere, Trend: abnehmend) einen hervorragenden Job, sondern würden mit ihrer tagtäglichen Hege das Seehundmanagement des Landes unterstützen. Weitergehende Forderungen von Föhrer Tierschützern, die Aufgabe an Tierärzte zu übertragen, lehnte Habeck ab. Die Ausbildung der Seehundjäger an der Hochschule in Hannover sei gut, mit ihren Diagnosen lägen sie – wie einen Studie bestätige – zu fast 100 Prozent richtig. „Natur soll Natur bleiben“, sagte der Minister. Nicht jedes Tier könne in eine Tierklinik gebracht werden. „Zur Natur gehört der natürliche Tod – auch im Nationalpark Wattenmeer.“
Die obligatorische Kritik der Opposition an Regierungsberichten blieb gestern aus. Einzig die Piraten meldeten sich zu Wort und unterstützen Habecks Bestrebungen. Man dürfe nicht sauberes Wasser, saubere Luft und fruchtbare Böden als Selbstverständlichkeit hinnehmen, sondern alle müssten die Art ihres Wirtschaftens kritisch hinterfragen. Einzig der Landesjagdverband ist unzufrieden. Er sei, was die Notwendigkeit des Schutzes von Flora und Fauna angehe, mit Habeck zwar auf einer Linie. Nur die Art der Umsetzung missfällt ihnen. Gegen die Einschränkung der Rebhuhnjagd wollen sie klagen.
Margret Kiosz
entnommen aus der Sylter Rundschau vom 19. Dezember 2014