Interessantes über die Braderuper Heide
Braderuper Heide
137 ha groß und gelegen zwischen den beiden Dörfern Kampen und Braderup, wird sie seit ihrer Unterschutzstellung 1979 von der „Naturschutzgemeinschaft Sylt e.V.“ im Auftrag der schleswig-holsteinischen Landesregierung betreut. Im Gegensatz zu den natürlichen atlantischen Heiden an der Westküste der Insel ist sie eine von Menschenhand beeinflusste Kulturlandschaft: Vor langer Zeit führte die Rodung von Wäldern auf der Insel zu Bodenerosion und Nährstoffverarmung, was die Entstehung dieser Geestheiden begünstigte. Bis in die Nachkriegszeit wurde die Heide auch von den Menschen genutzt z.B. als Brennmaterial oder Stallstreu. Die Dorfbewohner hatten Anteile am Heideland: Jeder durfte seine Tiere auf der Allmende, dem gemeinschaftlichen Besitz, weiden lassen. Die Bewohner verfügten über unterschiedlich viele „Lose“, d.h. Anteile für ihre Schafe und Kühe.

Karte der Braderuper Heide vom Planungsbüro Mordhorst-Bretschneider
Die Heidelandschaften
Die Heidelandschaften Schleswig-Holsteins liegen zu 50% auf der Insel Sylt: Sie sind einzigartige und stark bedrohte, seltene Lebensräume. Der Gesetzgeber hat sie nach § 15a des Landesnaturschutzgesetzes unter Schutz gestellt. Heideökosysteme bieten einer großen Zahl von Lebewesen platz, die sich an die extremen Bedingungen (Trockenheit, Wärme, Wind) angepasst haben: Ca. 2.500 Tier- und etwa 150 Pflanzenarten wurden bisher in der Heide entdeckt, von letzteren stehen 45% sogar auf der Roten Liste. Die drei charakteristischen Heidearten der Insel Sylt sind die Krähenbeere (Blütezeit im April/Mai), die Glockenheide (ab Juli) und die Besenheide (ab Ende August). Außerdem kann man in der Heide heutzutage noch immer seltene Arten wie Arnika, Lungenenzian oder Knabenkraut finden. Damit der so wertvolle Lebensraum Heide erhalten bleibt und nicht veraltert und verholzt, muss er ständig genutzt und gepflegt werden.
Heutzutage
Mittlerweile ist von der ehemals großen Heidelandschaft zwischen Kampen und Keitum, neben den Heiden auf dem Flugplatz, nur noch die Braderuper Heide großflächig erhalten geblieben. Die Kampener Heide wurde weitgehend bebaut, südlich von Braderup entstanden die Kiesgruben. Das Braderuper Heidegebiet befindet sich in Gemeinschaftsbesitz und wird von der „Losinteressentenschaft“ verwaltet. Der Kampener Teil ist in Einzelparzellen aufgeteilt, die Privatbesitzern gehören. Die bäuerliche Struktur der Dörfer ging stetig verloren. Von den zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben, die aus der früheren Nutzung der Allmende hervorgegangen waren, arbeiten heute gerade noch drei.
Heidepflege
Die heute fehlende Nutzung ist ein bedeutender Faktor, der die Existenz des Lebensraumes Heide gefährdet. Wird die Heide nicht genutzt oder gepflegt, überaltert und verholzt sie. Im Laufe von Jahrzehnten bildet sich so eine bis zu 10 cm dicke Rohhumusschicht, die dann Ausgangsboden für einen natürlichen Wald ist. Eine auf Sylt über 1.000 Jahre zurückzuverfolgende Pflegemaßnahme ist neben dem Brennen, der Beweidung und der Mahd, das Plaggen. Beim – heute maschinellen – Plaggen wird die oberste und nährstoffreiche Humusschicht abgetragen, so dass die Heide aus dem Rohhumus nachwachsen kann, ohne gleich wieder zu verholzen, da sie erst nach ca. 60 Jahren wieder den gleichen Humusgehalt besitzt wie zuvor. Das letzte mal wurde in der Braderuper Heide im Februar 20017 eine Plaggmaßnahme durchgeführt. Noch heute kann man dies an betroffener Stelle erkennen, was daran liegt, dass beim Plaggen der Boden komplett geplättet wird und man so eine durchwegs ebene Fläche erhält. Aus diesem Grund ist Plaggen aber auch nicht in allen Bereichen möglich, da eine mehr oder weniger gerade Fläche Grundvorraussetzung ist. Auch deswegen ist es wünschenswert unterschiedliche Pflegemaßnahmen auf verschiedenen Flächen möglichst zeitnah anzuwenden. Somit trifft man in der Heide immer wieder auf eine Herde an Heidschnucken, die zum Beispiel die Gräser in der Heide fressen. Im Sommer 2014 schließlich erhielt die Naturschutzgemeinschaft die Genehmigung eine Fläche von ca 1 Hektar zu brennen. Dieses Pflegemaßnahme fand somit bereits zum zweiten mal auf der Insel statt.
Einer der am stärksten bedrohten Lebensräume
Die Heide in Schleswig Holstein ist stark bedroht. Nur noch 0,5% der Fläche sind von Heide bedeckt. Sylt kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, weil noch immer 50% der schleswig-holsteinischen Heidevorkommen allein auf der Insel zu finden sind. Nicht nur die drei Heidearten Krähenbeere, Glockenheide und Besenheide kan man hier antreffen, sondern auch Geflecktes Knabenkraut, Arnika, Sonnentau und Lungenenzian. Rotschenkel, Brandgans und Austernfischer bauen ihre Nester in den Heideflächen oder den großen Salzwiesen am Watt. Somit ist es wichtig die Heide zu schützen, um die Artenvielfalt zu erhalten.
Problempflanzen
Im Bemühen um den Bestand der Heiden ist die „Rosa rugosa“, eine in den 20er Jahren von der ostsibirischen Halbinsel Kamschatka eingeführte Rose, ein Problem. Sie breitet sich nicht nur über ihr Wurzelwerk aggressiv aus, sondern wird auch von den Vögeln weiter verbreitet, da sie die Hagebutten fressen. Dort, wo sie als Samen ausgeschieden werden, wächst eine neue Rosenpflanze, die die natürliche Heidevegetation zu überwachsen droht. Das Problem: Ihren einzigen natürlichen Feind – Bodenfrost sibirischer Art, metertief und monatelang – gibt es nicht auf Sylt. Weitere invasive Arten sind Geißblatt, Brombeeren, Eschen, Birken und Traubenkirschen. Um diesen Herr zu werden, ist es wiederrum wichtig die Heide zu pflegen oder ab uns zu diese Pflanzen auszureißen.
Die Geestheide – eine alte Kulturlandschaft
Heiden gehören zu den am stärksten bedrohten Lebensräumen in Schleswig-Holstein. Waren um 1850 noch zirka 17 Prozent der Landesfläche von Heiden bedeckt, liegt ihr Anteil heute landesweit unter 0,5 Prozent, davon fast 50 Prozent allein auf der Insel Sylt. Aber auch hier sind die Geestheideflächen in den letzten Jahrzehnten deutlich geschrumpft. Von der ehemals großflächig zusammenhängenden Heidelandschaft zwischen Kampen und Keitum ist neben kleineren Beständen in Morsum und am Flugplatz Westerland die Braderuper Heide als größter Komplex erhalten geblieben. Alle Flächen unterliegen dem Naturschutzrecht und sind darüber hinaus als Naturschutz- beziehungsweise FFH-Gebiet besonders geschützt. Auf diese halbnatürlich vom Menschen geprägten Flächen, eine Heide-Pflanzengesellschaft mit der starken Präsenz der lila blühenden Besenheide (Calluna vulgaris), soll im Bericht eingegangen werden.
Nach der letzten Eiszeit (Weichsel), die vor zirka 10 000 Jahren endete, hatten sich auf den Altmoränen (Geest) weiträumige, nährstoffarme Sandböden gebildet, auf der sich Wälder entwickeln konnten. Um fruchtbaren Ackerboden und Platz für Felder zu schaffen, begannen die Menschen der Jungsteinzeit (ab 2500 v. Chr.) mit der Brandrodung des Urwaldes und mit Wanderfeldbau. Auf den aufgegebenen Brandflächen breiteten sich als Primärstadium der Sukzession Heidekrautgewächse aus, welche viel Licht benötigen, aber mit nährstoffarmen, sauren Böden zurechtkommen. Erstmals tauchten in Schleswig- Holstein größere Heideflächen ab dem frühen Mittelalter auf.
Geestheiden sind somit Teil der historischen Kulturlandschaft, die in der Regel durch vermehrten Holzeinschlag und Übernutzung entstanden sind. Im Rahmen der traditionellen „Heidewirtschaft“ wurden die Heiden früher durch Plaggenhauen, Beweidung oder Mahd regelmäßig genutzt, auf Sylt bis in die Nachkriegszeit. Das vom Lebenszyklus der Besenheide abhängige „heidetypische Aussehen“ ist so erhalten geblieben. Im Rahmen der Plaggenwirtschaft wurde die nährstoffreiche Humusschicht der oberen Bodenhorizonte (Plaggen) abgetragen und mit Mist vermengt auf die Felder und Wiesen zur Düngung gegeben. Dieser Vorgang wurde im Abstand mehrerer Jahre immer wieder auf denselben Flächen wiederholt wobei es nach und nach zu einer Übernutzung kam, die die Regenerationszeit der Heideflächen verlängerte. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erreichten die Heideflächen Schleswig Holsteins ihre größte Ausdehnung, danach gingen sie durch das Aufkommen von Dampfflug und Dünger im Rahmen der Intensivierung der Landwirtschaft kontinuierlich zurück.
Viele Heideflächen auf Sylt noch in Privatbesitz
Viele, oft auch kleine Heideflächen befinden sich auf Sylt größtenteils noch in Privatbesitz. Heideflächen auf dem Flugplatzgelände sind im öffentlichen Besitz der Gemeinde Sylt. Als Überbleibsel der Allmende gibt es in den Norddörfern die Losinteressentschaften. Früher befanden sich Teile der Geestheideflächen im Gemeinschaftsbesitz („Allmende“), wobei jeder Dorfbewohner über unterschiedlich viele Anteile am Heideland verfügte. Die Anzahl an „Losen“ bestimmte, wie viele Tiere ein „Interessent“ auf der Allmende weiden lassen durfte. Ursprünglich hing die Zahl der „Lose“ vom Besitz an Pferden ab die für das Pflügen der Äcker bereitstanden. Auf Dauer sind Geestheiden heutzutage nur durch gezielte Pflege in ihrer typischen Ausprägung zu erhalten. Dafür besteht daher eine besondere Verantwortung.
Aufgrund seiner hohen landschaftlichen Vielfalt und Naturnähe sind die Geestheiden Lebensgrundlage einer charakteristischen Tier- und Pflanzenwelt von landesweit herausragender Bedeutung. Fast die Hälfte der 95 im Gebiet nachgewiesenen höheren Pflanzenarten wird auf der Roten Liste für seltene Arten geführt. Besonders hervorzuheben sind dabei die Vorkommen von Arnika, Geflecktem Knabenkraut, Lungenenzian und der Niedrigen Schwarzwurzel.
Zu den charakteristischen Tierarten der Heideflächen gehören neben Hasen, Kaninchen und Fuchs die mehr im Verborgenen lebenden Zwerg-, Erd- und Feldmäuse, sowie Waldeidechsen und Kreuzkröten. Darüber hinaus findet man unter den weit über 1000 verschiedenen Insektenarten 219 Käfer-, 84 Spinnen- sowie fünf Heuschreckenarten. Des Weiteren bieten die Heiden einer vielfältigen Vogelwelt das ganze Jahr über geeignete Lebensräume. Sie sind Brutplatz für Feldlerchen und Wiesenpieper. Daneben nutzen viele gefiederte Gäste und Durchzügler die Heiden und Trockenrasenflächen zur Rast und Nahrungssuche. Die Bestandsrückgänge der letzten Jahre sind auch auf die Gefährdung der Brutplätze durch Überflutung, vor allem aber auf Störungen durch Spaziergänger und freilaufende Hunde zurückzuführen. Der allgemeine Rückgang bereitet Sorgen.
Ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit der Naturschutzgemeinschaft Sylt ist der Erhalt der Geestheideflächen. Sie betreut die Naturschutzgebiete Morsum Kliff mit 43 Hektar seit 1977 und die 137 Hektar große Braderuper Heide seit der Unterschutzstellung 1979 im Auftrag des Landes Schleswig-Holstein. Dank ihres Einsatzes haben der Verein und dessen Mitglieder in Zusammenarbeit mit den Eigentümern bereits umfangreiche Pflegemaßnahmen auf den Weg gebracht. Ziel ist es, die Heideflächen vor Überalterung zu bewahren und Verbuschung zu verhindern. Damit werden die Artenvielfalt und der besondere Charme dieser Landschaft erhalten. Ohne regelmäßig wiederkehrende Eingriffe verbreiten sich nach einiger Zeit Gehölze, die sich langsam zum Wald entwickeln. Dieser Vorgang ist ein natürlicher Prozess, der durch die heutzutage erhöhte Stickstofffracht über den Regen noch gefördert wird.
Die Pflegemaßnahmen umfassen eine extensive Schafbeweidung sowie das Mähen, Brennen und Plaggen von Heideflächen. Der Fraß der Schafe regt bei der Besenheide das Wachstum neuer Triebe an. Bei der derzeit über 500 Tiere umfassenden Schafherde, die von April bis Oktober auf den Sylter Geestheideflächen ihrer Arbeit nachgeht, handelt es sich um eine norwegische Rasse, der Norsk Spaelsau. Es sind robuste, genügsame Tiere, die es auch schon in der Region gab, lange bevor Sylt zur Insel wurde. Sie werden nun als Wanderschafherde eingesetzt, halten sich tagsüber in zwei Schichten in den Heideflächen zum Grasen auf und verbringen den Rest der Zeit in ihrem „Nachtpferch“, wo sie ihr Futter wiederkäuen, es sich quasi ein zweites Mal durch den Kopf gehen lassen. Die Schafherde wird von den Sylter Gemeinden und vom Land finanziert.
Effektive Maßnahme zur Verjüngung der Heide
Das Plaggen von Heide- und Grassoden beseitigt die Vegetationsdecke mit der Rohhumusschicht und lässt den Lebenszyklus neu beginnen. Maschinelles Abtragen oder Schälen der oberen Vegetationsschicht ahmt das frühere Plaggen von Hand erfolgreich nach. Dies ist die effektivste Maßnahme, die Verjüngung von Heideflächen zu fördern. Das Heidekraut entwickelt sich dabei aus der Saat, die viele Jahrzehnte im Boden überdauerte und auf ideale Bedingungen „gewartet“ hat. Bearbeitete Flächen sind derzeit in Kampen südlich der Kupferkanne, beim Parkplatz zwischen Kampen und Braderup und in Braderup bei Up die Hiir zu sehen. Es braucht einige Jahre Geduld, bis auf der Fläche im Spätsommer wieder eine lila Blütenpracht gedeiht.
Soll eine Heidefläche abgebrannt werden, geschieht dies in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden, den freiwilligen Feuerwehren und unter Mitwirken eines Spezialisten, der im Legen kontrollierter Feuer geübt ist. Das Abbrennen von Heideflächen erfolgt, ebenso wie das Plaggen, auf Flächen, die in der Regel nicht größer als ein Hektar sind. Für das Brennen von Flächen muss der Boden gut abgetrocknet sein. Windstärke, Windrichtung und Jahreszeit bestimmen den Tag des Brennens außerhalb der Brut- und Setzzeit. Schneller, aber nicht so effektiv sind die Mahd von Heideflächen und das Entnehmen von Bäumen und Büschen mit der Wurzel, das sogenannte Entkusseln. Dies bewahrt die Heide nicht vor Überalterung. Durch die beschriebenen Pflegemaßnahmen werden den Heideflächen also Nährstoffe entzogen und ein Chaos simuliert, wie es in früheren Jahrhunderten praktiziert wurde. Die Arbeiten erfolgen in der Regel im Winter zwischen Oktober und Anfang bis Mitte März.
Sylter Rundschau am 04.01.2018